Kooperation mit der Nationalbibliothek in Riga. Edition des Lebenslaufs von Friedrich Bernhard Blaufuß und Tagung in Riga

Friedrich Bernhard Blaufuß (1697–1756) erhielt seine Schulbildung an der Lateinischen Schule des Halleschen Waisenhauses und fungierte anschließend als Sekretär August Hermann Franckes, zu dem er in einer besonderen, persönlichen Verbindung stand. Der so im Halleschen Pietismus sozialisierte Blaufuß wechselte anschließend in eine Informatorentätigkeit in Gotha, wo er die führenden Persönlichkeiten der dortigen pietistischen Bewegung kennenlernte. Über die Vermittlung als Hofprediger in die Dienste der adligen Offiziersfamilie von Hallart gelangte Blaufuß dann nach Livland und damit ins Baltikum, das für den Rest seines Lebens sein Betätigungsfeld wurde. Hier kam Blaufuß auch in Kontakt mit dem durch Nikolaus Ludwig von Zinzendorf begründeten Herrnhuter Pietismus, dessen Überzeugungen und Lehren er sich immer weiter annäherte.

Blaufuß, der als Grenzgänger oder »Kippfigur« zwischen den verschiedenen pietistischen Strömungen anzusehen ist, hat mit seinem im Brüderarchiv in Herrnhut überlieferten Lebenslauf von 1754 ein außergewöhnliches Zeugnis der Sinn- und Wahrheitssuche hinterlassen. Zugleich ist es eine außerordentliche sozialgeschichtliche Quelle. Dieses besonders auch für die lettische Geschichte bedeutende Selbstzeugnis erlaubt einen tiefen Einblick in die Gedankenwelt eines pietistischen Geistlichen, der in der Rückschau mit der Rechtfertigung seines Lebensweges zwischen den Polen Halle und Herrnhut ringt. Der von Dr. Beata Paškevica (Nationalbibliothek Riga) edierte Lebenslauf macht die Wandlung des Hallenser Pietisten Blaufuß zum Herrnhuter eindrücklich nachvollziehbar und besticht vor allem durch die minutiös recherchierten Verweise in Blaufuß‘ Text auf die Bibel, theologische Schriften und Lieder.

Die demnächst erscheinende deutsch-lettische Edition des Lebenslaufs steht dabei im Kontext einer Kooperation mit der Nationalbibliothek in Riga und einer Stärkung des Baltikums als Forschungsfeld der Pietismusforschung. Sinnbild dieser neuen Fokussierung ist die als Kooperation der Nationalbibliothek Lettlands, der Theologischen Fakultät der Universität Lettlands, der Franckeschen Stiftungen sowie des Interdisziplinären Zentrums für Pietismusforschung der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg angelegte internationale Tagung »Mission Baltikum? Hallescher Pietismus und Herrnhutertum in den baltischen Territorien im langen 18. Jahrhundert«, die am 2. Juni 2023 in Riga stattfindet.