Die internationale Dimension des Pietismus

Die von Luther angestoßene Reformation erfasste zunächst nur Teile Deutschlands sowie Skandinavien. Zweihundert Jahre lang blieb das Luthertum auf Europa beschränkt. Erst der Pietismus mit seiner universalen Ausrichtung sorgte für eine organisierte Verbreitung des Luthertums auf andere Kontinente.

Offen für andere Kulturen und interessiert an anderen Religionen korrespondierte August Hermann Francke mit Briefpartnern weltweit und ließ sich eingehend über die jeweiligen Verhältnisse informieren. Das Hallesche Waisenhaus wurde schon früh zu einem erstaunlich wohl organisierten Kommunikationszentrum und Umschlagplatz für Nachrichten aus aller Welt. Zahlreiche ausländische Schüler und Studenten wurden hier ausgebildet. Das pietistische Interesse am Umgang mit dem Wort erstreckte sich auch auf Fremdsprachen und philologische Studien. Auf dieser Grundlage wurden hier Bibelübersetzungen in verschiedenen Sprachen angefertigt und gedruckt. Francke entsandte schon Ende des 17. Jahrhunderts Mitarbeiter nach Russland, um dort im pietistischen Sinne zu wirken. Ab 1706 organisierten hallesche Theologen in der dänischen Handelsniederlassung Tranquebar in Südostindien die erste protestantische Mission, aus der die heutige Tamil Evangelical Lutheran Church entstand. Später wurden aus Halle Pfarrer nach Nordamerika entsandt und gründeten dort das erste vom Staat unabhängige lutherische Kirchenwesen. Angeregt durch die hallesche Mission begann die Herrnhuter Brüdergemeine  ab 1732 mit einer eigenständigen Missionsarbeit.


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