Edition der Epistellieder von Martin Opitz

Beispielseiten aus den Epistelliedern der Sontage und fürnemsten Feste des gantzen Jahres von Martin Opitz.

Im Jahre 1628 veröffentlichte der Dichter Martin Opitz (1597–1639) einen Zyklus von Bereimungen der Sonn- und Feiertagsepisteln, die er zum Singen auf von ihm gewählte Melodien aus dem „Genfer Psalter“ einrichtete. Die Perikopenlieder, die als Ergänzung zu bereits bestehenden Sammlungen von Evangelienliedern angesehen werden können, erlangten einige Bekanntheit. Sie wurden – wie damals üblich – mehrfach nicht autorisiert nachgedruckt, aber Opitz nahm sie auch in die Ausgabe seiner Geistlichen Poemata von 1638 auf.

Die Anregung zu dem Editions-Vorhaben erwuchs im Zusammenhang mit der Arbeit am Projekt der Franckeschen Stiftungen „Johann Crüger: PRAXIS PIETATIS MELICA – Edition und Dokumentation der Werkgeschichte“ (PPMEDW). Seit 1664 nämlich erschienen die Epistellieder dort in Neuvertonungen des Berliner Stadtmusikers Jacob Hintze (1622–1702), erst als Anhang, dann als Teil des Gesangbuches und 1690 sogar vierstimmig. Hintze war nach Crügers Tod für die PRAXIS PIETATIS MELICA zuständig. Bereits 1661 hatte er die Epistellieder in eigenen Kompositionen herausgegeben, die er aber für die – offenbar noch von Crüger befürwortete – Übernahme in das Gesangbuch überarbeitete. Alle Berliner Ausgaben der PRAXIS PIETATIS MELICA von 1664 bis zum Jahre 1703, dem Jahr nach Hintzes Tod, enthalten den Zyklus, danach findet er sich dort nicht mehr.

Der als letztes erscheinende Band des Hallenser PRAXIS PIETATIS MELICA-Projektes wird die vierstimmigen Sätze von 1690 mit enthalten, die Hintze in dem Jahr in der „EDITIO XXIV.“ vorgelegt hat. Außerdem wird der letzte Projektband Beschreibungen sämtlicher Ausgaben des berühmten Gesangbuches enthalten.

Die Ausgaben der Epistellieder seit 1628 waren sämtlich sehr fragwürdig; die Mängel reichen weit über die üblichen kleinen Versehen hinaus bis hin zu allerschwersten, sinnentstellenden Fehlern. Hintze reagierte mit immer neuen Textfassungen, die aber im abschließenden Band des PRAXIX PIETATIS MELICA-Projektes gemäß dessen Zuschnitt nicht dokumentiert sind. Sie brachten einerseits Verbesserungen mit sich, andererseits freilich neue Fehler; und sie spiegeln auch die sprachliche Entwicklung wider.

Eine zuverlässige, diesen Sachverhalten Rechnung tragende Edition der Epistellieder und ihren Lesarten steht aus und wird von anderer Seite nicht betrieben. Zu den Liedern werden die betreffenden Texte nach der Luther-Bibel synoptisch angeordnet; ferner werden die jeweiligen Melodien des „Genfer Psalters“ beigegeben, die Opitz seinerzeit als bekannt voraussetzte. Die textkritische Edition wird von Frau Prof. Dr. Irmgard Scheitler, Eichstätt/Würzburg, und Herrn Dr. Hans-Otto Korth, Kassel/Halle (Saale), im Auftrag der Franckeschen Stiftungen erstellt. Geplant ist die Drucklegung der Edition im Umfang von ca. 200 Seiten in der Reihe „Hallesche Quellenpublikationen und Repertorien“ für 2023.